Smart Forest
Pop-Up-Wäldchen am Berliner Platz
Auf engem Raum wird Stadtgrün mit sozialem Treffpunkt verbunden: Sozusagen als Sofortmaßnahme soll im kommenden Jahr ein Klimawald auf dem Berliner Platz im Stadtteil Kreuzberg entstehen. Dieser soll nicht nur Aufenthaltsqualität bringen und soziale Kontakte verstärken, sondern auch gegen die Überhitzung der Stadt wirken.
Mit wenig Mitteln in kurzer Zeit viel erreichen: Unter diesem Motto steht ein Vorhaben für den Stadtteil Kreuzberg, welches in der jüngsten Gemeinderatssitzung mit großer Mehrheit beschlossen wurde. Genau genommen geht es um den Berliner Platz, und es geht um Bäume. Denn dort, wo eigentlich das soziale Leben des Stadtteils stattfinden sollte, wo sich die Bewohnerinnen und Bewohner treffen und miteinander in Kontakt kommen sollten, ja dort herrscht die meiste Zeit über Leere. Nicht weiter verwunderlich, spiegelt sich hier doch der städtebauliche Zeitgeist der 80er und 90er Jahre wider: Wenig Grün, viele hohe Gebäude, eine große versiegelte Fläche.
Wie wäre es denn, wenn mitten auf dem zentralen Platz des Quartiers ein kleines Wäldchen stünde? Attraktiv angelegt, mit Wegen und Sitzgelegenheiten und sogar Sprühnebel, der in den heißen Sommermonaten für Abkühlung sorgt? Genau das haben sich die dort ansässige Samariterstiftung gemeinsam mit dem Arbeitskreis Kreuzberg und der Stadtverwaltung ausgedacht – beziehungsweise sich ein Beispiel an der Stadt Heilbronn genommen, wo genau das vor rund vier Jahren geschehen ist und bis heute beispielhaft funktioniert. Smart Forest, so nennt sich der Klimawald dann, und der Name ist Programm. Denn smart ist es tatsächlich, aus einer wenig attraktiven Flächen eine rund 1.000 Quadratmeter große, grüne Oase zu machen, die nicht nur städtebaulichen, sondern auch sozialen Mehrwert bieten kann. „Bislang spielte der Freiraum in der Städteplanung dort eine untergeordnete Rolle, und das ist ein Defizit, mit dem wir umgehen müssen. Wir haben uns also gefragt, wie wir schnell und kostengünstig Abhilfe schaffen können“, erläuterte Stefan Markus, Leiter Ressort Stadtentwicklung, im Bau- und Sozialausschuss die Projektidee.
Schnell wachsende Bäume
Wesentliche bauliche Eingriffe in den derzeitigen Bestand des Berliner Platzes soll es dabei nicht geben. Die Planungen sind so angelegt, dass die bestehenden Zu- und Abfahrten, Ladenvorzonen, Stellplatzbereiche und Bushaltebereiche unberührt bleiben. Aufgeschüttet mit Substrat, werden vornehmlich größere, schnell wachsende Bäume wie beispielsweise Birken eingepflanzt, und auch der bestehende Brunnen in Form eines Bachlaufes könnte integriert werden. Innerhalb und am Rand des Pop-Up-Wäldchens sind Wege und Aufenthaltsflächen vorgesehen, auf denen sich die Bewohnerinnen und Bewohner treffen oder auch mal kleinere Veranstaltungen stattfinden können. „In Heilbronn ist das Projekt auf mindestens zehn Jahre ausgelegt, doch es gibt bislang keinerlei Erfahrungen dazu. Bisher, nach vier Jahren, waren dort noch keine größeren Nachbesserungen notwendig“, so Markus. Der Kostenanteil für die Stadt läge bei rund 150.000 Euro, wobei möglicherweise Förderungen diesen Anteil noch senken könnten. Umgesetzt werden könnte der Smart Forest bereits im kommenden Jahr.
Gut angelegtes Geld
„Wir freuen uns, dass das Quartier auf dem Kreuzberg Aufmerksamkeit dadurch bekommt und an dem zentralen Berliner Platz ein echter Mehrwert entsteht. Einziges Manko für uns war, dass der Haushalt ja bereits beschlossen ist und das Projekt jetzt als Überraschungsei kommt – dennoch, es ist gut angelegtes Geld und unterstützt die Ergebnisse aus der regionalen Klimaanalyse, wonach wir punktuell Minderung gegen die Überhitzung in der Stadt schaffen sollten“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Dennis Arendt im Ausschuss. Jörg Wüstner von der AWV-Fraktion schloss sich ihm an und meinte, das Projekt gehe in die richtige Richtung. „Die Aufenthaltsqualität und Attraktivität wird gesteigert und es wird etwas für den Klimaschutz getan“, so Wüstner. Überall, wo Fläche zum Aufenthalt entsteht, sei auch der Jugendgemeinderat begeistert mit dabei, sagte Klara Klunker, Vorsitzende des Jugendgemeidnerates.
Die GRÜNEN-Fraktion war dem Klimawäldchen gegenüber ebenfalls positiv eingestellt: „Mit wenig Geld viel gestalten, das ist ein schönes Projekt. Der Berliner Platz ist nun viele Jahr so dahin gedümpelt, da tut so ein kleines Experiment gut. Danke auch nochmal an den Samariterstift und den Arbeitskreis Kreuzberg“, sagte Charlotte Rehbach. Ohne Wenn und Aber sei dies eine tolle Idee, meinte Wolfgang Lehnert als Fraktionsvorsitzender für die CDU, und sprach noch die Möglichkeit an, dafür Ökopunkte zu erhalten. „Außerdem wäre uns auch wichtig, dass dort eine öffentliche Toilette angesiedelt wird“, so Lehnert. Stefan Markus begrüßte die Idee der Ökopunkte, er werde diese Möglichkeit noch abfragen. Auf die Frage nach der Querfinanzierung wies er auf die Fördermöglichkeiten von Bund und Land hin: „Wir werden versuchen, die Hälfte fördern zu lassen“, so Markus. Uwe Berger (CDU) wollte wissen, weshalb das Projekt zeitlich befristet werde, und Sozial- & Baubürgermeister Jörg Steuler wies daraufhin, dass die Kosten ansonsten eine ganz andere Hausnummer wären und die Finanzierung und Planung eine längere Zeit beanspruchen würde. „So können wir mit kleinem Geld gute Effekte erzielen“, sagte Steuler. Peter Gansky (BLC) äußerte sich hingegen kritisch: „Erst machen wir einen teuren Stadtstrand, jetzt einen noch teureren Wald. Und das unter der Prämisse des Klimaschutzes, wo wir doch in der Ellwanger Straße Wohnbebauung planen, die die dortige Kaltluftschneise zerschneidet?“
Kooperationspartner mit im Boot
Roland Klie von der SPD-Fraktion erkundigte sich noch nach der Bewässerung und wollte wissen, ob der normale Niederschlag ausreiche. „Wir würden wie in Heilbronn ein Wassersystem unter den Jutesäcken der Bäume installieren, und es gibt Stelen, die Wasser sprühen. Das ist ausreichend“, sagte Markus. Die Pflege und Bewirtschaftung, die Klie ebenfalls ansprach, müsse dann von Samariterstift, dem Arbeitskreis und dem Baubetriebshof übernommen werden.
„Ich habe ein großes Herz für den Kreuzberg und bin seit über 20 Jahren in Crailsheim tätig. Vor drei Jahren sind wir in die Ellwanger Straße gezogen und möchten ein inklusiver Teil dieses Stadtteils werden“, sagte Christoph Holl vom Samariterstift. Auf dem Kreuzberg gebe es bislang fast nichts, keine Begegnungsräume – aber den Arbeitskreis Kreuzberg. „Und hier möchten wir Motor sein, wir möchten dem Quartier ein Sprachrohr geben und die Ehrenamtlichen professionell unterstützen“, so Holl. „Der Berliner Platz ist in die Jahre gekommen, und so ein Pilotprojekt für eine Begegnungsstätte wäre toll“, ergänzte Bianca Schwiewager, Sprecherin des Arbeitskreises Kreuzberg.
Den Plänen zum Smart Forest stimmte die große Mehrheit des Gemeinderates zu. Wesentliches Ziel ist es nun also, den Platz so auszugestalten, dass dieser durch die Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers zum gesellschaftlichen Leben und Verweilen genutzt werden kann. Hierfür muss im nächsten Planungsschritt seitens der Verwaltung eine detaillierte Umsetzungsplanung erstellt werden