Jugendgemeinderat
Mitglieder werben für Wähler und Kandidaten
Der Wahlausschuss steht fest, jetzt geht es um Kandidaturen und vor allem eine hohe Wahlbeteiligung. Der aktuelle Jugendgemeinderat Crailsheim hat auf sich aufmerksam gemacht. Die Mitglieder sind alles andere als still: Sie verkünden ihre Meinung im Stadtgremium, sie beteiligen sich am Stadtleben, sie haben den bisher ersten Antrag eines Jugendgemeinderats eingebracht und sie werden gehört. Die 14 Vertreterinnen und Vertreter der Crailsheimer Jugendlichen haben sich Respekt verschafft und für sich selbst einiges dazu gelernt.
Locker, aber souverän treten sie auf, die beiden Vertreter des Jugendgemeinderats. Klara Klunker als Vorsitzende, und Xavier Szymanski als Verfasser des allerersten Antrags seit Bestehen des Crailsheimer Jugend-Gremiums. Sie werben für neue Kandidaten, aber vor allem auch für Wählerinnen und Wähler. Denn die beiden sind im Namen ihrer Gremiumsmitglieder überzeugt: Wir werden gehört. Und das ist nicht das einzige, was in der bisherigen Amtsperiode nicht nur die beiden überrascht hat. Deshalb raten sie allen Crailsheimer Jugendlichen, sich aufstellen zu lassen, aber auf jeden Fall zur Wahl zu gehen. „Wenn wir jetzt schon mitentscheiden, haben wir es in zehn, zwanzig, dreißig Jahren schon nicht mehr ganz so schwer“, sind sich die beiden einig.
Meinung im Gemeinderat
Klara Klunker ließ sich damals aufstellen, weil sehr viel gemeckert wurde. „Und dann muss man auch wirklich was tun“, sagt sie. Von zu Hause gab es Unterstützung, Vater und Onkel sitzen im Gemeinderat. Xavier Szymanski interessierte sich schon früh für Politik, war Schülersprecher an der Leonhard-Sachs-Schule und wollte die Interessen der Schülerinnen und Schüler vertreten. Gemeinsam mit ihren zwölf anderen Gremiumsmitgliedern sind sie der politisch wohl bisher aktivste Jugendgemeinderat seit dieser eingeführt wurde: Sie sagen ihrer Meinung im Gemeinderat, sie vertreten diese auch, was anerkannt wird. Ganz nebenbei organisieren sie Aktionen, beteiligen sich am Weihnachtsmarkt und haben gerade einen erfolgreichen Jubarkas-Austausch hinter sich.
Fraktionsübergreifend haben sich die Nachwuchs-Rätinnen und -räte Respekt verdient. „Wir werden gehört“, sagt Klara Klunker sichtlich stolz. „Und wir können etwas erreichen“, ergänzt Xavier Szymanski. Er hat, in Absprache mit seinen Mitstreitern, den ersten Antrag eines Crailsheimer JGR recherchiert, formuliert und im Gremium vorgetragen. Es ging dabei um Damen-Hygieneartikel auf Schultoiletten. Das Ergebnis: Zustimmung aus allen Fraktionen. Mittlerweile legen die Mitglieder im Gemeinderat sehr viel Wert auf die Meinung des JGR, oft wird direkt nachgefragt. „Das finde ich enorm wichtig, weil wir einfach die Zukunft sind“, stellt Klara Klunker nüchtern fest. Und als es um den Pumptrack ging, erinnert sich Szymanski, war der JGR gegen die Pläne der Verwaltung. „Wir haben die Stimme erhoben und wurden gehört. Das war fast in trockenen Tüchern, aber schlussendlich wurde alles noch mal im Sinne der Jugend überdacht.“
Aufregung anfangs groß
Beide erinnern sich noch gut an die ersten Sitzungen vor etwa zwei Jahren. Szymanski an die unglaubliche Aufregung: „Ich hatte richtig Angst davor. Aber respektiert man uns.“ Klunker als Vorsitzende: „Wir waren alle unglaublich stolz, weil wir das gemeinsam erreicht haben, als Gremium. 14 Jugendliche, die sich vorher überwiegend nicht gekannt haben.“ Die Mitglieder kommen aus allen Schularten, allen Teilen der Stadt, haben unterschiedliche familiäre oder kulturelle Hintergründe. „Das zeigt, wenn man ein gemeinsames Ziel hat, dann ist alles andere egal“, sagt Klunker. „Da haben sich auch Freundschaften entwickelt, die anders vielleicht nicht entstanden wären.“ Und die ersten Sitzungen im Gemeinderat, dort und in den Ausschüssen sitzt immer mindestens ein Vertreter des JGR, waren für alle sehr aufregend. „Anfangs waren wir wohl alle etwas überfordert, war ja alles unbekannt für uns“, gibt Klara Klunker zu. „Aber da wächst man rein. Und wir alle haben enorm Lust auf die Arbeit und bringen sich konstruktiv ein.“
Neues Selbstvertrauen entwickelt
Mittlerweile ist klar, alle Fraktionen sind sehr offen und hilfsbereit, die einen mehr, die anderen weniger. „Aber ich war doch überrascht, wie familiär die Mitglieder miteinander umgehen. Auch wenn es dann doch manchmal richtig zur Sache geht“, sagt Klara Klunker. Szymanski grinst wissend und erzählt: „Als mal die Paten aus dem Gemeinderat bei uns in der Sitzung waren, sind die ziemlich aneinandergeraten. Klara ist dann als Vorsitzende eingeschritten und hat gesagt, ‚Schluss, in diesem Gremium herrscht ein respektvoller Umgang‘. Da waren auch alle still.“
Das ist auch etwas, was sich bei den Mitgliedern des Jugendgemeinderats entwickelt hat: Selbstvertrauen und ein ganz neues Selbstwertgefühl. „Der Jugendgemeinderat ist schon Teil eines Entwicklungsprozesses. Von 14 bis 16 Jahren passiert enorm viel“, sagt Klara Klunker. Man müsse sich als Jugendgemeinderat dann halt auch mal um unangenehme Dinge kümmern. Was Vorteile hat, meint auch Xavier Szymanski: „Mein Sprachgebrauch hat sich verändert, ich komme mit verschiedenen Persönlichkeiten besser zurecht, davon gibt es im Gemeinderat genug. Ich bin selbständiger geworden“, sagt er und wirkt dabei sehr ausgeglichen.
Wählen und demokratisch mitbestimmen
Freizeit und Hobbys leiden etwas darunter, schließlich gibt es noch die Schule, um die sich auch ehrenamtliche Jugendgemeinderäte kümmern müssen. Szymanski hat Volleyball im Verein aufgegeben, findet das aber gar nicht so tragisch. „Ich habe auf anderer Ebene so viel dazugewonnen.“ Und beide geben zu, auch etwas stolz sein, wenn sie zu öffentlichen Anlässen der Stadt als „Jugendgemeinderat“ eingeladen werden. „Dieses JGR vor dem Namen ist schon fast wie ein Doktortitel“, lacht Xavier Szymanski.
Der Jugendgemeinderat in Crailsheim hat sich, auch dank der aktuellen Mitglieder, zu einer wichtigen politischen Vertretung für Jugendliche entwickelt. Deshalb appellieren die Mitglieder für Nachwuchs und Wahlbeteiligung. „Man muss schon Bock darauf haben“, sagt Klara Klunker, „aber es lohnt sich in vielerlei Hinsicht.“ Xavier Szymanski bringt es auf den Punkt: „Demokratie ist sicher die langsamste Regierungsform, in einer Diktatur geht es sicher schneller. Aber in einer Demokratie kann jeder mitbestimmen.“ Auch Jugendliche.
Info: Seit dem Jahr 2001 gibt es in Crailsheim einen Jugendgemeinderat. Er hat ein Informations-, Anhörungs- und Vorschlagsrecht bei allen jugendrelevanten Angelegenheiten der Stadt. Die Mitglieder des Jugendgemeinderats, die auf zwei Jahre gewählt sind, sollen bei allen die Jugend betreffenden Aufgaben mitwirken. In Angelegenheiten der Jugend hat das Gremium das Recht, dem Gemeinderat Anträge zu unterbreiten. Kontakt: jugend@gr-cr.de