Fränkisches Volksfest
Oberbürgermeister sattelt auf: 50 Jahre Drais-Rennen
Das traditionelle Drais-Rennen zum Crailsheimer Volksfest jährt sich im Jahr 2023 zum 50. Mal, mit Zwangspausen wegen der Corona-Pandemie. Mindestens 60, teilweise deutlich über 70 Teilnehmerende sind jährlich dabei und steigen auf hölzerne Laufräder. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Laufrad sportlich genutzt, die Ausgabe in Crailsheim war immer die größte Veranstaltung dieser Art und ist als einziges Rennen bis heute geblieben. Zum Jubiläum steigt Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer selbst auf den Laufradsattel.
„Ich freue mich sehr, dass ich diesen Teil der Crailsheimer Tradition aktiv miterleben darf“, sagte Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer als im das Jubiläums-Laufrad übergeben wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte er bereits erste Trainingseinheiten mit dem ehemaligen Baubürgermeister Herbert Holl auf dem Kocher-Jagst-Radweg hinter sich. Holl gewann selbst schon drei Mal und gehört dem Organisationsteam des Rennens an. Dabei war auch der Erbauer des Jubiläumsrads, Wolfgang Frank, für das er rund 40 Arbeitsstunden investierte. Der Schreiner aus Stimpfach ist seit 2000 für zahlreiche Nachbauten von Drais-Rädern verantwortlich.
Die beiden gaben Christoph Grimmer noch einige Tipps für die Rennstrecke. „Auf dem Kopfsteinpflaster sollte man die Arme lockerlassen“, schmunzelte Holl. „Es wird auf jeden Fall weh tun. Aber Herr Grimmer hat sich als Bewegungstalent herausgestellt.“ Der Oberbürgermeister hat als passionierter Läufer jedenfalls schon gute Voraussetzungen, die er noch verfeinern möchte. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer trainieren richtig hart vor dem Rennen, sagten die Experten Holl und Frank. Andere setzen sich dagegen kurz vor dem Start drauf „und ziehen durch“.
Spaß und Tradition
So oder so, neben dem Spaß sowohl für teilnehmende als auch für Zuschauerinnen und Zuschauer, die am Streckenrad anfeuern, steht neben dem Spaß die Tradition im Vordergrund. Und die ist vom Fränkischen Volksfest in Crailsheim nicht mehr wegzudenken. Zunächst war das Drais-Laufrad-Rennen eine Idee, mitgebracht vom ehemaligen Crailsheimer Radsportler Werner Scheurer. Der zog Karl Schlecht hinzu und die Radabteilung des TSV unter Werner Grübler: Der Grundstein für das Drais-Rennen als fester Bestandteil der Volksfest-Traditionen war gelegt. Seitdem werden jährlich internationale Teilnehmer begrüßt, unter anderem aus Tschechien, Slowenien, Frankreich, der Schweiz oder den USA.
Langjährige Geschichte des Drais-Rads
Erfunden wurde das Laufrad, das als Vorläufer des heutigen Fahrrads gilt, 1817 vom Badischen Forstmeister Freiherr Carl Drais aus Sauerbronn. Der badische Adlige, der seinen Adelstitel später freiwillig ablegte, unternahm eine Testfahrt über rund 15 km von Mannheim nach Schwetzingen. Um diesen Anlass zu würdigen, wurde 150 Jahre später von den Organisatoren des Schwetzinger Maimarktes ein Drais-Laufrad-Rennen organisiert. Im Mannheimer Raum wurde viele Laufräder aus Holz gebaut. Das Rennen war ein überwältigender Erfolg. Mit dabei war damals der Crailsheimer Radsportler Werner Scheurer. Er baute mit dem Gröninger Wagner Theiss ein stattliches Vehikel. Werner Scheurer hielt sich allerdings als einziger an das Original von Carl Drais, das Räder mit Eisenreifen hatte. Mit diesem schweren Rad erreichte er seinerzeit den 3. Platz und nahm die Idee des Rennens 1972 mit nach Crailsheim. Die Stadt übernahm sehr gerne die Schirmherrschaft über das Rennen, das erstmals 1973 stattfand. Die Radsportabteilung des TSV Crailsheim, mit dem langjährigen Förderer und Cheforganisator Grübler, organsierte das Rennen und verteilte Baupläne zum Selbstbau eines Laufrades. Später haben Grübler und eben Schreiner Wolfgang Frank viele großartige Holzräder hergestellt, die den Anforderungen der Rennleitung entsprechen.
Ausstellung und Festumzug
Dieses Jahr gibt es auch eine Fotoausstellung über die 50 Drais-Laufradjahre im Schaufenster von Immobilien-Huss in der Lange Straße zu sehen. Zudem laufen die Draisradfahrer wegen den Jubiläumsjahres auch am Samstag beim Volksfestumzug als Gruppe mit.
Das diesjährige Jubiläumsrennen beginnt am Sonntag, 17. September, kurz vor dem Festzug um 10.10 Uhr. Start ist wie seit 50 Jahren an der Bahnunterführung in der Bahnhofstraße. Die drei Kilometer lange Strecke läuft über die Wilhelmstraße, Karlstraße, Gartenstraße und Lange Straße, dann nochmal die Innenstadtrunde. Es geht um enge Kurven und auch auf- und abwärts. Dabei sind Draisinen nicht so leicht zu kontrollieren, denn die Fahrer kommen auf bis zu 35 Kilometer pro Stunde und haben keine Bremsen. Das Ziel ist am Rathaus vor der Ehrentribüne.
Im vergangenen Jahr hatten sich nach der Corona-Zwangspause rund 75 Fahrer eingefunden, um die Volksfesttradition des Drais-Laufrad-Rennens 48. Mal fortzuführen. Das eher ungemütliche kühle Wetter hielt niemanden ab, sie fuhren in Anzügen und Dirndln, mit Hüten und Blumen auf dem Lenker und dem Volksfestherz auf der Brust. Das gab viel Extraapplaus von den Seiten der Rennstrecke durch die Innenstadt. So dürfte es auch in diesem Jubiläums-Jahr wieder sein, bei hoffentlich besserem Wetter. Die Stimmung wird sehr wahrscheinlich wie in jedem Jahr hochkochen – ganz nach alter Tradition.