Hochschule
Studium in Crailsheim in greifbarer Nähe
Die Entwicklung eines Hochschulangebots in Crailsheim ist nicht nur möglich, sondern auch äußerst wünschenswert. Das geht aus den bisherigen Ergebnissen einer aktuellen Bedarfs- und Machbarkeitsstudie hervor. Diese wurde dem Hauptausschuss jüngst vorgestellt. Ausgearbeitet wurde sie vom Team Hochschulentwicklung, bestehend aus Dr. Wolfgang Sigg M.A., Prof. Dr. Eberhard Hohl und Prof. Bernd Platzek, PhD, der die Studie vortrug. Die Wissenschaftler machten klar: Die Stadtverwaltung sollte diese Chance nutzen und den Prozess hin zu einem Studienangebot in Crailsheim weiterverfolgen.
Die „Bedarfs- und Machbarkeitsstudie zur Erkundung der Potentiale eines Hochschulangebots in Crailsheim“ zeigt, dass ein grundsätzlicher Bedarf für ein Studium in Crailsheim besteht. Es wurden fünf Bedarfsfelder identifiziert, darunter Soziale Arbeit/Gesundheit/Pflege, Informatik/Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen/Elektrotechnik, Technologie & Innovation sowie Informatik/Wirtschaftsinformatik als Hochschulzertifikat. Diese Studienprogramme könnten dazu beitragen, die Bildung als Fundament regionaler Entwicklung zu stärken und den Aufstieg durch Hochschulbildung für einen größeren Personenkreis in der Region zu ermöglichen, erklärte Prof. Bernd Platzek.
Studienangebot grundsätzlich möglich
Die Realisierung dieser Studienprogramme scheint grundsätzlich möglich und sollte in einem iterativen Prozess angestrebt werden. Dabei ist es wichtig, eine ganzheitliche Perspektive einzunehmen und die vielfältigen Interessen der beteiligten Akteure zu berücksichtigen, wurde immer wieder betont. Ein positives Stimmungsbild und die Einbindung von Anspruchs- und Unterstützungsgruppen sei entscheidend, um die Entwicklung, den Wandel und die Transformation in der Region zu fördern.
Ein Studium in Crailsheim bietet zahlreiche Perspektiven für die Zukunft. Es stärkt nicht nur die regionale Entwicklung und dient als Instrument der Unternehmensentwicklung, sondern es öffnet auch Türen für persönliche Entwicklung und Karriere in Hohenlohe. Ein Studium vor Ort ermöglicht es den Menschen, in ihrer Heimat zu bleiben, ihre familiären und sozialen Bindungen aufrechtzuerhalten und dennoch akademische Bildung zu erlangen.
Jugendliche sehr interessiert
Bei Schülern und Jugendlichen stößt ein Studium in Crailsheim auf großes Interesse. In Schülerworkshops äußerten viele ihr Interesse, in ihrer Heimatstadt zu studieren. Sie schätzen die Nähe zu Familie und Freunden, die ländliche Umgebung und die Vielfalt an Berufsmöglichkeiten. Rund ein Drittel der befragten Schüler bewerteten ein Leben und Arbeiten in Crailsheim sogar mit gut bis sehr gut. Die Wünsche der Jugendlichen an ihre zukünftige Arbeit sind vielfältig. Sie suchen nach einem angenehmen Arbeitsklima, interessanten Tätigkeiten, Sicherheit, guten Aufstiegschancen und der Möglichkeit, kreativ zu sein. Ein Beruf mit hohem Ansehen in der Gesellschaft spielt demnach für die meisten keine entscheidende Rolle. Diese Erkenntnisse zeigen, dass ein Studium in Crailsheim den Bedürfnissen der jungen Menschen entgegenkommt und ihnen attraktive Berufsperspektiven in der Region eröffnet. Interviews wurden unter Auszubildenden sowie Schülerinnen und Schülern gemacht, am Albert-Schweitzer-Gymnasium, der Gewerblichen Schule, der Kaufmännischen Schule und der Eugen-Grimminger-Schule.
Unternehmen sehen Chancen
Auch die Unternehmen der Region unterstützen die Idee eines Studiums in Crailsheim. Insgesamt zwölf wurden befragt: Bausparkasse Schwäbisch Hall, Bürger, ebm-papst Mulfingen, Groninger, Hanselmann, HBC-radiomatic, Leonard Weiss, Procter & Gamble, Schubert, Sigma-Aldrich Chemie, Syntegon und Varta. Sie alle sehen die Chance, junge Talente als neue Mitarbeiter zu gewinnen und durch berufsintegrierte Studiengänge die Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter zu fördern. Ein Hochschulangebot vor Ort würde das Image der Unternehmen stärken und ihre Verbundenheit mit der Region zeigen.
Mitarbeitende wollen Weiterbildung
Die Mitarbeiterworkshops zeigten, dass ein Studium in Crailsheim die Möglichkeit bietet, akademische Weiterbildung in der Nähe zu schaffen, was besonders für Berufstätige attraktiv ist. Die Teilnehmer betonten die Vorteile einer Kombination von Studium und Berufstätigkeit sowie die Bedeutung eines praxisnahen Studiums mit guter Infrastruktur. Sie betonten auch den positiven Einfluss eines Studiums auf die Stadt und die Unternehmen vor Ort, indem sie Fachkräfte anziehen und die regionale Wirtschaft stärken.
„Crailsheim ist bereit!“
Die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt wie die Agentur für Arbeit, Akademie Würth, IHK, Packaging Valley, Schulleiter und vhs, betonten die Dringlichkeit eines Hochschulangebots in Crailsheim. Sie verdeutlichten die Bedeutung eines Studiums für die Vitalisierung der Stadt und die Schließung von Bildungslücken. Außerdem wurde die Notwendigkeit betont, Fachkräfte zu gewinnen und den Arbeitskräftebedarf in verschiedenen Bereichen zu decken. Die Teilnehmer stellten fest, dass ein neues Hochschulangebot die gesamte Region im Blick haben sollte und die technologischen Fortschritte den Bedarf an Akademikern in bestimmten Bereichen voraussichtlich nicht reduzieren werden.
Die Autoren der Bedarfs- und Machbarkeitsstudie, Dr. Wolfgang Sigg M.A., Prof. Dr. Eberhard Hohl und Prof. Bernd Platzek, PhD, betonen die Relevanz potenzieller fachlicher Studienrichtungen und haben strukturelle Alternativen zur Gestaltung bedarfsorientierter Studienprogramme identifiziert. Sie betonen die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung, bei der die Region, die Wirtschaft und die Bürger gleichermaßen berücksichtigt werden. Sie empfehlen eine iterative Vorgehensweise „vom Bedarf bis zum Hochschulangebot im Feld“ und ermutigen die Stadt Crailsheim, konkrete Schritte zur Umsetzung eines Hochschulangebots einzuleiten.
Fazit
Die Ergebnisse der Bedarfs- und Machbarkeitsstudie sprechen eine eindeutige Sprache: Ein Studium in Crailsheim bietet zahlreiche Perspektiven für die regionale Entwicklung und die persönliche Karriere. Es ermöglicht es den Menschen, in ihrer Heimat zu bleiben, bietet attraktive Berufsmöglichkeiten und stärkt die Bindung zwischen Unternehmen und Region. Die Stadt Crailsheim sollte daher die Chance nutzen und den Weg hin zu einem Hochschulangebot in die Tat umsetzen.
Fragen aus dem Gremium
Die Mitglieder im Hauptausschuss waren sehr erfreut, über die offensichtlich sehr positive Stimmung der in der Studie befragten Unternehmen, Mitarbeiter und Jugendlichen. Aber sie hatten nach dem Vortrag einige Fragen. Gernot Mitsch (SPD) wollte wissen, was die nächsten Schritte seien und wie das alles finanziert werde solle. Es sei bereits ein erstes Treffen fixiert, antwortete Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer. Da werde reflektiert und weitere Schritte besprochen und man werde Gedanken entwickeln, wie gemeinsam weitergemacht werden könne. Klaus Wüst (AWV) fragte ebenfalls nach einem Zeitplan, wer denn tatsächlich mitmachen würde und am allerwichtigsten: „Was empfehlen Sie als Team als besonders hilfreiche Schritte?“ Diese Fragen konnten die Professoren zusammengefasst vor allem so beantworten: Das ist alles Gegenstand des nächsten Schritts. „Wir haben fünf Phasen“, erklärt Prof. Platzek mehrfach. „Aktuell sind wir in der Analyse, die Initiierung haben Sie gemacht, indem Sie uns beauftragt haben. Jetzt geht es in die Planungsphase.“
Eine bestehende Hochschule als Partner wäre denkbar, eine komplette Neugründung schlossen die Experten aus – zu viele Hürden, zu teuer. Aber vorher müsse geklärt werden, was wird gewünscht, was wird dafür benötigt, was ist dabei umsetzbar. Müssen es tatsächlich fünf Gesamtfelder geben und konzentriere man sich in Crailsheim vielleicht doch auf die Pflege? Oder die Informatik? Um Investoren zu finden, auch Unternehmen aus der Stadt, die sich finanziell beteiligen würden, müsse ein klares Konzept stehen: „Ohne das investiert keiner“, sagte Platzek. Das müsse eben jetzt entwickelt werden. Zudem seien aber tatsächlich alle befragten Gruppen bereit, in ihrem Rahmen Geld zu investieren, Jugendliche und Mitarbeitende zum Beispiel in Form von Studiengebühren. Aber auch etwa Fundraising wäre eine Möglichkeit, die sich über die weiteren Planungen ergeben könnte.
Von der Diagnose zur Therapie
Sebastian Karg (GRÜNE) wollte wissen, wie viel Geld von den vom Gemeinderat bereitgestellten 70.000 Euro für die Studie bereits weg seien? Das konnte die Verwaltung nicht genau beantworten, aber das meiste. Ob Hohnelohe+ als Streiter für Fachkräfte in der Region einbezogen worden sei, wer plant und finanziert eine Einrichtung und welche künftigen Finanzmittel seien nötig, wollte Karg wissen. Auch hier die Antwort: Das ergeben die nächsten Phasen, an denen sich die Stadtverwaltung und Mitglieder einer Lenkungsgruppe beteiligen sollten, so die Experten. Erst wenn klar ist, was gewollt und gewünscht und realisiert wird, kann es um Kosten gehen. „Die richtige Strategie muss noch herausgefunden werden“, sagte Platzek. Er antwortete auch Lukas Köberle (CDU) ähnlich, der eine Außenstelle einer Dualen Hochschule ins Spiel brachte. Es müssten eben jetzt potentielle Partner abgeklopft und Optionen angesehen werden. Hierzu empfahl Prof. Dr. Wolfgang Sigg eine Lenkungsgruppe zu gründen, die sich mit den Möglichkeiten befassen solle: „Wir haben eine Diagnose gemacht, jetzt geht es an die Therapie“, machte er es anschaulich. Es müssten Aktionen erdacht werden, wie die Menschen, Unternehmen, Mitarbeiter, Schülerinnen und Schüler und Institutionen mit der Idee zusammengebracht werden könnten.
Wohnraum erstmal zweitrangig
Dirk Beyermann (CDU) fragte nach Wohnraum, der doch ohnehin ein Problem sei, in Crailsheim wie andernorts. Prof. Platzek meinte, wenn die potentiellen Studierenden von hier kämen, um vor Ort zu studieren, blieben die meisten wohl auch erst mal bei den Eltern wohnen. „Aber das muss sicher auch berücksichtigt werden.“ Dann ging es um eine Form des Studiums. Roland Klie (SPD) fragte, welche Auswirkungen es für Meister und Techniker bei so einem Projekt gebe? Fachkräfte müssten ja gehalten werden. Hier führten die Experten verschiedene Modelle an. Ein Meister kann sich beispielsweise, so Sigg, über Zertifikate akademisch weiterbilden und einen Bachelor erlangen, auch ein Meister könne unter bestimmten Voraussetzungen studieren, für einen Techniker sei es etwas anders, aber grundsätzlich gebe es auch hier Möglichkeiten. Prof. Dr. Eberhard Hohl verwies in diesem Zusammenhang auf einen internationalen Vergleich, sogenannte Credits, die durchaus auch mit Zertifikaten erlangt werden könnten. Auch das könne sich in den kommenden Phasen entwickeln. „Wir haben viele Möglichkeiten, aber es ist eben noch vieles offen“, betonte Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer. „Wenn Sie sich die Grafik anschauen mit den fünf Blöcken. Wir haben zwei davon trotz einer Verzögerung durch die Corona-Pandemie geschafft. Nur, in dem Tempo geht es wohl nicht weiter.“
Unterstützung bringt Energie
BLC-Stadtrat Peter Gansky betonte, es müsse sich in absehbarer Zeit etwas tun und er wünsche sich professionelle Begleitung des Prozesses. „Haben Firmen schon gesagt, ob sie ihren Geldbeutel öffnen?“ Erneut erklärten die Experten, wie es mit dem Thema Finanzierung bestellt ist – es muss sich entwickeln, aber ja, es gebe schon Signale, dass es Geld gebe. Auch ein Zeitrahmen sei schwierig zu nennen, aber bis zur vollständigen Etablierung eines Hochschulangebots könnten bis zu zehn Jahre vergehen. Wobei die Entwicklung in mehreren Schritten erfolgt. Abschließend richtete Prof. Hohl das Wort nochmal an das Gremium: „Sie haben spannende Fragen – wir nehmen wahr, Sie unterstützen diese Sache. Unterstützung ist wichtig, sie bringt Energie mit. Je mehr mitmachen, umso mehr Kraft können sie entfalten.“
Auch in der Gemeinderatsitzung wurde nochmals diskutiert, insgesamt spiegelte sich bei den Stadträtinnen und Stadträten aber das was sich auch in der Studie herauskristallisiert hatte: ein insgesamt positives Stimmungsbild.