Hinter den Kulissen

Ausstellung mit Augenzwinkern

Sorgfältig werden die Leihgaben von Museumsleiterin Friederike Lindner und ihrem Team im Stadtmuseum ausgepackt.

In der Stadtblatt-Serie „Hinter den Kulissen – so funktioniert Stadt" werden regelmäßig Bereiche der Verwaltung vorgestellt, die das Leben und die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt direkt oder indirekt betreffen. In Teil 6 geht′s um das Stadtmuseum im Spital. Anhand der aktuellen Teekannen-Ausstellung wird schnell klar, dass die Besucherinnen und Besucher immer nur einen Bruchteil dessen zu sehen bekommen, was eigentlich an Arbeit dahinter steckt.

Der Blick wandert von der Miniatur-Küche über das angebrochene Ei im Eierbecher, die Stadtvillen und das Klavier bis hin zum Schachbrett. Eines haben all diese Dinge gemeinsam: Es sind Teekannen. Nun, eigentlich haben sie sogar noch etwas gemeinsam, und zwar die Tatsache, dass sie als Sammlerstücke des 70-jährigen Künstlers Roland Schmitt ab Freitag, 18. November, im Crailsheimer Stadtmuseum zu sehen sind.
 Museumsleiterin Friederike Lindner lächelt, als sie eines der Stücke behutsam von der Luftpolsterfolie befreit. Das farbenfrohe Riesenrad hat den Transportweg von Eislingen nach Crailsheim unbeschadet überstanden. „Die wundersame Teekannenwelt des R. Schmitt“ – der Name der Ausstellung ist gut gewählt, denn wundersam sind sie allemal, die 195 Porzellankannen, wie sie dicht an dicht auf den Tischen stehen und wohl jede für sich eine eigene Geschichte erzählen könnte. Jetzt, vier Tage vor der Ausstellungseröffnung, heißt es für die Museumsleiterin und ihr Team: Auspacken, Aufschreiben, Aufstellen.

Teekannen in allen Formen und Farben: Die Sammlung von Roland Schmitt zählt zu den eher ungewöhnlichen Ausstellungen, die Friederike Lindner im Stadtmuseum organisiert.

Für die Sahnehäubchen
Wo der Betrachter später nur ein sorgfältig abgestimmtes Arrangement an kunstvollen Teekannen vorfinden wird, steckt doch so viel mehr dahinter. „Das meiste passiert im Vorfeld – und vor allem im Hintergrund. Das Sichten, Anfragen, Auswählen, Sortieren, der Transport und die Vorbereitung der Ausstellung im Museum selbst, das alles bekommt ja kaum einer mit“, sagt Lindner. Beim Aufbau der Vitrinen kommt zudem noch der Baubetriebshof ins Spiel. Eine Menge Arbeit also. Arbeit, die Lindner Spaß macht und, wie sie sagt, das Sahnehäubchen ihrer Tätigkeit ist.  

„Kaffee oder Tee?“ Roland Schmitt, der an diesem Morgen zum Aufbau selbst ins Stadtmuseum kommt, ist zwar Teekannen-Sammler, aber überzeugter Kaffee-Trinker. „Ausgerechnet die Engländer waren es, die mir das Teetrinken abgewöhnt haben“, sagt Schmitt und erzählt vom Schüleraustausch in Liverpool, als es zu jeder Gelegenheit Tee gegeben habe und er danach einfach genug davon hatte. Die Sammelleidenschaft hingegen hat nicht nachgelassen, eher im Gegenteil: Rund 400 Teekannen sind seit 2005 bei ihm zuhause in Eislingen eingezogen, wovon etwa die Hälfte im Stadtmuseum aufgebaut wird. „Ich habe im Vorfeld den Katalog der Ausstellungsstücke durchgeschaut und entschieden, was zu uns passt. Das ist das Schöne an meiner Arbeit: Die Freiheit, Kunst auszuwählen“, sagt Museumsleiterin Lindner. Natürlich habe sie immer im Blick, dass die Ausstellung einen Bezug zur Stadt Crailsheim hat und auch das Budget gebe ihr einen Rahmen vor, aber innerhalb dieser Faktoren habe sie doch einen großen Spielraum. „Ich bin jetzt seit 2007 hier dabei und freue mich noch immer jedes Mal auf die Abwechslung, die mir die Ausstellungen geben.“

Lange Planungszeiten
Und die Teekannen? Welchen Bezug haben die eigentlich zur Horaffenstadt? Lindner schmunzelt und hält eine kleine Teetasse hoch. „Im 18. Jahrhundert gab es in Crailsheim eine Fayencemanufaktur. Diese kunstvoll bemalten Stücke bilden einen Kontrast zu den eher verrückten Teekannen und stellen die Geschichte des Tees dar“, erklärt sie. Schließlich sei es nicht Aufgabe des Stadtmuseums, Dinge zu sammeln, einfach weil sie nett sind – „unser Auftrag ist es, eine Art 3D-Archiv, die Sachkultur der Stadt darzustellen.“

Lindner hakt mit ihrem Kugelschreiber einige Nummern auf der Liste ab, als Christina Scheurer und Marleen Pennings, die beide als Aufsichtskräfte im Museum tätig sind, weitere Teekannen auspacken. Wie lange die Planung und Vorbereitung einer Ausstellung dauert, sei immer unterschiedlich. „Am aufwendigsten bislang war wohl die Provenienzforschung, die bis März dieses Jahres gezeigt wurde. Da haben wir zwei, wenn nicht gar drei Jahre in der Vorbereitung benötigt“, erzählt Lindner. Klar, hier wurde auch eigens im Stadtarchiv geforscht, es wurden externe Quellen herangezogen und Exkursionen gemacht. „Da hat uns tatsächlich aber auch Corona in die Karten gespielt. Natürlich hat uns die Pandemie erst einmal zurückgeworfen und es hat einige Zeit gebraucht, bis alles wieder angelaufen ist. Doch dadurch, dass viele Ausstellungen ausgefallen sind, hatten wir mehr Zeit hierfür und für Dinge wie die Inventarisierung oder den Umzug des Depots“, sagt Lindner.

Museumsleiterin Friederike Lindner (rechts) im Gespräch mit Künstler Roland Schmitt, der die aktuelle Ausstellung „Die wundersame Teekannenwelt des R. Schmitt“ mit seinen kuriosen Teekannen bestückt.

Ver- und entpacken
Zwischen vier und acht solcher Ausstellungen werden pro Jahr im Stadtmuseum organisiert, wobei der Verein Crailsheimer Kunstfreunde als fester Partner zweimal jährlich mit dabei ist. Die Jahresplanung, so Lindner, steht eigentlich schon ein, optimalerweise zwei Jahre im Voraus fest – „nun ja, wie es eben klappt. Für 2023 haben wir tatsächlich noch nicht alles perfekt geplant.“ Vorsichtig schlägt sie Papier und Folie zurück und stellt eine Teekanne in Form eines Hauses auf den Tisch. Eine Woche hat der Künstler gebraucht, um alle 195 Objekte bruchsicher zu verpacken, und dennoch sind hier und da ein paar Kleinteile abgegangen. „Das waren aber alles bereits alte Bruchstellen. Das wird dann entweder von Restauratoren oder dem Sammler selbst wieder geklebt“, erläutert Lindner. Alle Leihgaben sind natürlich auch dementsprechend versichert, schließlich kosten manche der ganz besonderen Teekannen 150 Euro oder mehr.

Transportieren, Auspacken, Inventarisieren, Ausstellen: Friederike Lindner hat im Vorfeld der Ausstellungen einiges zu tun.

Ausstellung mit Augenzwinkern
Roland Schmitt betrachtet ein Porzellanbett mit zwei Bären – eine seiner Lieblingsteekannen. Tee ausgießen lässt sich daraus wohl eher nicht, und die meisten anderen Stücke aus den Themenbereichen wie Bad, Möbel, Berufe, Figuren oder Tiere sind ebenfalls reine Schmuckstücke. „Aber gerade für die Ausstellungen zur Weihnachtszeit suche ich auch immer etwas fürs Auge. Die Besucher merken, ob man die Objekte mit einem Augenzwinkern zusammenstellt oder eben einfach nur Dinge ausstellt. Das wiederum bekommen wir auch immer mal wieder als Rückmeldung“, erzählt Lindner. Der Stolz in ihrer Stimme ist nicht zu überhören – und durchaus berechtigt. Zwischen 6.000 und 8.000 Besucher zählt das Museum jährlich, je nach Themenfeld sind es pro Ausstellung um die 700 oder mehr. „Es gibt sogar Hardcore-Fans. Immer zur Weihnachtszeit kommt beispielsweise eine Dame aus der Nähe von Ingolstadt, die sich sogar vorher telefonisch nach der aktuellen Ausstellung erkundigt.“ Und ein Stadtmuseum voller bunter Teekannen, so etwas wird sie sich sicherlich nicht entgehen lassen.

(Erstellt am 16. November 2022)